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Verjährung von Zinsnachzahlungsansprüchen tausender Prämiensparer der Stadtsparkasse droht zum Jahresende 2022

Mit Schreiben vom 25.09.2019 kündigte die Stadtsparkasse München tausenden Prämiensparern, nachdem der XI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 14.05.2019, XI ZR 345/18, festgestellt hatte, dass der konkludente und zeitlich befristete Ausschluss des Kündigungsrechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen zwar wirksam sei, jedoch ein Ausschluss dieses Kündigungsrechts nach Erreichen der Prämienhöchststufe über das Ende des 15. Sparjahres hinaus auch bei unbefristeter Vertragslaufzeit nicht vereinbart wurde. Im Hinweisbeschluss vom 18.01.2022, Az. XI 104/21, bestätigte der BGH nochmals die Kündigungsmöglichkeit bei Erreichen der höchsten Prämienstufe in Verträgen ohne Laufzeitvereinbarung.

Während damit nur die Berechtigung einer Kündigung von Sparverträgen höchstrichterlich geklärt werden sollte, sind die von den Sparkassen, wie auch der Stadtsparkasse München durchgeführten Zinsanpassungen in den Prämiensparverträgen weiterhin streitig.

Denn leider nutze der BGH im Rahmen des Revisionsverfahrens zur 1. Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig zur Wirksamkeit von Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen, Az. XI ZR 234/20, die Gelegenheit nicht, um im Urteil vom 06.10.2021 über einen geeigneten Referenzzins zu entscheiden.

Das Oberlandesgericht Dresden hatte erstinstanzlich in den Urteilsgründen der 1. Musterfeststellungsklage zu Prämiensparverträgen, Az. 5 MK 1/19, vom 22.04.2020 festgestellt, dass bei unwirksamer Zinsänderungsklausel der gleitende 10-Jahreszins (WX 4260) zum Schließen der Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als Referenzzinssatz zur Zinsanpassung bei Prämiensparverträgen grundsätzlich angemessen und geeignet ist.

Der BGH teilte die Auffassung des OLG Dresden insoweit, dass die Zinsanpassungsklausel:

„Es gilt der jeweils im Preisaushang bekanntgegeben Zinssatz (derzeit XXX % p.a.).“

unwirksam ist, wie auch der anfängliche relative Zinsabstandes zwischen Referenzzins und Vertragszins über die gesamte Vertragslaufzeit beizubehalten sei und eine monatliche Zinsanpassung zu erfolgen hat.

Jedoch legte sich der BGH nicht fest, welche Zinsreihe bei unwirksamer Zinsanpassungsklausel zur Anwendung kommt und verwies den Rechtsstreit insoweit an das OLG Dresden zurück. Bei auf ein langfristiges Sparen angelegten Sparverträgen, ist jedoch ein Zinssatz für langfristige Sparanlagen als Referenzzins heranzuziehen.

Von herausragender Bedeutung war jedoch die Feststellstellung des BGH zur Verjährung der Ansprüche der Prämiensparenden:

„Die Verjährung der Zinsansprüche beginnt erst mit Kündigung der Verträge.“, so der vorsitzende Richter Ellenberger des XI. Zivilsenates.

Denn Ansprüche der Verbraucher auf Zahlung von weiteren Zinsbeträgen werden frühestens mit Beendigung des Prämiensparvertrages fällig.

Im Fall der Stadtsparkasse München bedeutet dies für Prämiensparer, deren Prämiensparvertrag im Jahr 2019 gekündigt wurde, dass Zinsansprüche zum Ende des Jahres 2022 zu verjähren drohen. Das Klageregister der Musterfeststellungsklage gegen die Stadtsparkasse München ist geschlossen. Das Bundesamt der Justiz hat hierbei 3.103 Eintragungen gezählt. Von den mit Schreiben vom 25.09.2019 gekündigten ca. 28.000 Prämiensparern nimmt daher nur ein Bruchteil an der Musterfeststellungklage gegen die Stadtsparkasse München teil.

Wurden Ansprüche bisher nicht gehemmt, kann nunmehr eine Verjährungshemmung noch durch Einleitung eines Schlichtungsverfahrens bei der Schlichtungsstelle des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes oder durch Einreichen einer individuellen Klage vor Gericht erfolgen. Grundsätzlich mögliche wäre auch, dass die Stadtsparkasse München gegenüber den Zinsansprüchen der Prämiensparenden eine Verjährungsverzichtserklärung abgibt. Zwar teilt sie mit, das Urteil des Bundesgerichtshofes und die künftige Klärung des Referenzzinssatzes, soweit die Urteile auf die Prämiensparverträge der Stadtsparkasse München anwendbar sind, zu beachten und anzuerkennen. Dennoch lehnt die Stadtsparkasse München die pragmatische Lösung der Verjährungsverzichtserklärung bis zur Kenntnis des zu verwendenden Referenzzinssatzes ab. Dies bedeutet, dass tausende Prämiensparer nunmehr zur Sicherung ihrer Zinsansprüche gegen die Stadtsparkasse München, die nur der Höhe nach aktuell unbestimmt sind, ein Schlichtungsverfahren einleiten oder den Rechtsweg beschreiten müssen. Die Beschreitung des Rechtsweges ist dabei bei fehlendem Rechtsschutz mit einem Kostenrisiko für die Prämiensparenden verbunden und zudem ist zunächst ein Gerichtskostenvorschuss zu leisten. Gerade in aktuell wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es daher unverständlich, warum die Stadtsparkasse München ihren gekündigten Prämiensparern zur Sicherung der Zinsansprüche die nicht nur kostenfreie, sondern auch in formeller Hinsicht zeit- und aufwandsarme Verjährungsverzichtserklärung versagt.

Sind die Ansprüche einmal verjährt, sind sie rechtlich nicht mehr durchsetzbar.

Das aktuelle Verhalten der Stadtsparkasse München lässt wenig Hoffnung, dass diese dann freiwillig Nachzahlungen leisten wird. Da bisher nur ein Bruchteil der gekündigten Prämiensparer ihre Ansprüche verfolgt und geltend macht, ist die Höhe der zu verjähren drohenden Zinsnachzahlungen enorm.

Die Verbraucherzentralen beziffern die Höhe der durchschnittlich zu wenig erhaltenen Ziffern auf Euro 4.000. Haben daher allein ca. 25.000 gekündigte Prämiensparer der Stadtsparkasse München ihre Zinsansprüche nicht verjährungshemmend geltend gemacht, handelt es sich um einen Betrag von ca. Euro 100 Millionen.

Eine Betragshöhe auf die die Stadtsparkasse München wohl ungern verzichten würde. Es ist daher kaum zu erwarten, dass seitens der Stadtsparkasse München gekündigte Prämiensparer durch diese auf bestehende Zinsansprüche hingewiesen werden. Gekündigte Prämiensparer, deren Ansprüche zum Jahresende 2022 zu verjähren drohen, sollten daher zur Sicherung ihrer Zinsansprüche umgehend aktiv werden.

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